Photo by Wojtek Witkowski on Unsplash

Werbebotschaften selbst korrigiert

Werbung ist doof. Wir blättern um, klicken weg, zappen weiter, gehen weiter. Leider funktioniert das mit Werbung im Öffentlichen Raum nicht. Im Wahlkampf prasseln besonders viele Werbebotschafen auf uns ein. Unsere Gastautorin passt sie ihrer Auffassung von der Realität ganz einfach selbst an.

Warum muss alles eigentlich immer so bleiben, wie es ist?

Und was ist mit Wahlwerbung? Sollte das hierbei nicht anders sein? Nicht unbedingt. Und überhaupt: Warum muss alles eigentlich immer so bleiben, wie es ist? Warum nicht verschönern?

Statt der Plakatwerbung könnten die Parteien ja auch Infohefte mit ihrem Parteiprogramm versenden. Oder Mails. Solange wir aber da noch nicht sind, ist Adbusting eine ganz passable Möglichkeit, sich der Dauerwerbung entgegenzusetzen.

Politische Plakatwerbung: Was das ist und wie es aussieht

Wahlwerbung erwartet vorbeirauschende Menschen meist mit simplen und ausgesprochen erwartbaren Slogans: Soziale Gerechtigkeit und Reichenbesteuerung hier, traditionelle Werte wie Sicherheit und Schutz des Eigentums dort. Die zugehörigen Plakate prunken mit Themen populistischer Art und – nicht unbedingt selten – mit leeren Versprechen. Sehr oft wird mit eher wenig sympathischen Büsten ihrer Identifikationsfiguren geworben: den PolitikerInnen

Kann noch so widerlich sein – es bleibt hängen.

Je nach Anliegen ihrer Partei grinsen sie zu effekthascherischen und zielgruppenorientierten Inhalten. Wenig überraschend: Etablierte Parteien zielen tendenziell eher so auf „alle“. AfD und Konsorten dagegen vorzugsweise auf ein spezielleres Wählerklientel.

Es gibt ganze Bücher über die Wirkung von Wahlwerbung. Meine persönlichen, nicht vollends repräsentativen Feldstudien legen einen Trend nah: Sie nervt mindestens genauso sehr, wie alle anderen Außenwerbungen. Und sie hat vermutlich einen genauso hohen, wie perfiden Impact.

Resonanzpunkte, die bis ins Bewusstsein von Werbeobservierenden vorpreschen sind dann geglückt, wenn sie das Besondere unter dem Gewöhnlichen sind. Kann noch so widerlich sein – es bleibt hängen. Und das ist alles, was für Werbende zählt.

Eine in den letzten Jahren wachsende, große Rolle spielen hierbei natürlich auch die sogenannten „sozialen“ Medien. Hier ein kleiner Lesetipp zum Thema Wahlkampf in sozialen Netzwerken.

Kann politische Werbung auch sexistisch sein?

Ist es nötig zu erwähnen, dass ich rhetorische Fragen nicht leiden kann? Spontan fällt mir hier ein Klassiker der Jungen Union ein. Ein epic fail.


Die AfD kann sogar sexistisch UND rassistisch in einem: aktuelle der Partei.

Dazu möchte ich zu bedenken geben: Strukturell diskriminierend ist die Besetzung in der Politik auch heute noch. Weder im Bundestag noch in anderen Parlamenten sitzen zu gleichen Teilen Frauen und Männer. Parteiintern herrscht doch noch ein heftiges Männergeklüngel. Die Gläserne Decke ist kein Mythos. Das spiegelt sich dann auch in den Plakaten wieder. Nicht nur, wenn Gesichter drauf sind. Oft werden hier Rollenstereotypen wiedergespiegelt.

Grundsätzlich lassen sich aus meiner Sicht bei sexistischer Werbung folgende drei Kategorien ausmachen:

  1. Die „Verdinglichung“ von Frauen ist ein echtes Problem. Sie werden zu Objekten, also „Frauen als Deko“ oder bloßer Blickfang. In meinen Ohren wurde über das Outfit eines männlichhen Politikers noch nie so viele Worte verloren, wie über das einer Politikerin. Fast als wäre es das, was wirklich wichtig ist.
  2. Die Stereotypisierung von Frauen: Traditionelle Rollenstereotypen werden oft ausgenutzt. Sowas wie die „Herdprämie“. Oder – auch schön – Frauen machen den Haushalt und sind für Pflege zuständig. Und so weiter.
  3. Ein echter Evergreen: Künstliche Schönheitsideale „mady by Photoshop-Phillip“.

Genau jene Wahlwerbung bedient sich ebenfalls aus der Schublade der Klischees und Stereotypen. Oder sie reduziert Frauen gleich ganz und gar auf ihr Äußeres. Auch die Medien tragen ihren Teil dazu bei. Hier ein Beispiel des Gruppenfotos der G20 2017 in Hamburg:

 

 

Dort sieht man auch heute noch oft die Erscheinungsform von „Gruppenbild mit Dame“.

Es ist noch Luft nach oben, bis wir in einer wirklich gleichberchtigten Gesellschaft angekommen sind. Ein Bewusstsein für die Ungleichheiten zu entwicklen, das wäre schon ein guter erster Schritt.

Aufrufe und Ideen zum Adbusten?

Neulich kam mir dann folgende Idee: Man klebe einfach Glitzersternchen und Regenbogen-Sticker auf die Augen der Visagen von Politiker*innen, die auf den Wahlplakaten immer so schön grinsen. Das ist vor allem für die CSD, ähm, CSU eine schöne Idee. Oder der CDU und alle weiter rechts ebenso.

Noch ein paar heiße Tipps:

  • Sprechblasen sind immer eine gute Option. Dann können die Wahlplakate mit ganz neuen Inhalten und Aussagen aufwarten!
  • Sprüche nicht verändern oder ergänzen. Besser: überkleben und verbessern!

Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Selber kreativ werden

Wer genug Zeit und Muße hat, kann sogar ganz eigene Wahlplakate entwerfen und gegen bestehende ersetzen. Das ist natürlich nicht legal! In einem ganz besonderen Fall jedoch sehe ich hier persönlich unter Umständen eine Notwendigkeit: wenn rechtsextreme Parteien vor Schulen oder Kitas werben. Für gewöhnlich will das keine Kommune. Sie lassen das dann abhängen. Das dürfen sie.

Die NPD warb einmal tatsächlich mit dem Satz “Lieber Oma als Sinti und Roma” und der hing auch bei mir vor der Kita. Ich persönlich hatte aber keinen Bock auf die NPD. Also habe ich dem Bürgermeister bescheid gesagt. Und Baam! War‘s weg.

Hier ist ein Beispiel für ein Adbusting, also der selbstgemachten Werbeverschönerung, an einem Werbeplakat der SPD:

Da geht Mensch in der Kleinstadt Uelzen spazieren, und ahnt nix Schlimmes. Zack, ist er da! Der Wahlkampf. Oder besser…

Gepostet von Dies Irae am Samstag, 5. August 2017

Die nächste Abbildung zeigt das Bespiel eines Adbustings gegen allgemein sexistische Werbung, indem die herrschenden Machtverhältnisse kritisiert, hinterfragt und beleuchtet werden:

In jedem Fall gehört der Öffentliche Raum auch während der Wahlkampfzeit den dort lebenden Menschen und alle dürfen sich ermutigt fühlen, diesen zu nutzen und selbst zugestalten! Geht raus und und holt euch die Straßen zurück.

 


Bild: privat

Gastautorin Magna* bescheibt sich selbst als
“Feministin, Adbusterin und Yogini. Schreibt gerne und möchte die Welt zu einer besseren machen…”

*Name ist der Redaktion bekannt

 

 

Beitragsbild: Photo by Wojtek Witkowski on Unsplash

Newsletter