Es ist egal, ob Du die Bio-Banane isst

Bewusster Konsum liegt im Trend, öko sein ist avant garde. Und die Zahl derer, die sich beim Einkauf Gedanken um Aspekte wie Nachhaltigkeit oder Verantwortung machen, nimmt rapide zu. Kurzum: Grüne Werte und darauf aufbauende Lebensstile breiten sich aus. Jedoch spiegelt sich dies nicht zwingenderweise in einem geringeren Ressourcenverbrauch oder einer Verkleinerung unseres ökologischen Fußabdrucks wieder.

 

Wer öko sein will muss politisch werden.

In diesem Aufsatz möchte ich zeigen, dass die auf grüne Werte und Überzeugungen fokussierte neue ‚Öko-Bewegung‘ am Kern des Problems vorbeilebt. Ihr großes Manko: sie ist nicht politisch. Vielmehr ist sie widersprüchlich. Wer öko sein will muss politisch werden.

In den Theorien zu der Beziehung zwischen Mensch und Umwelt kann man grob zwischen zwei Ansätzen unterscheiden: Den ideologischen Ansatz, der in der Wissenschaft wie auch in der Gesellschaft dominant ist und den strukturellen Ansatz.

Der ideologische Ansatz geht davon aus, dass unser Umgang mit der Umwelt vor allem durch unsere Werte und inneren Überzeugungen ihr gegenüber bestimmt wird. Die Ursache für die Ausbeutung des Planeten wird in einer Veränderung unserer Wertestruktur gesehen: In dem verlorenen Respekt gegenüber der Natur, der Ignoranz gegenüber der Umwelt und der Dominanz des Eigennutzes.

Die Lösung liegt dementsprechend in der Änderung unserer Wertestruktur. Dieser Tendenz schließt sich auch die breite gesellschaftliche Diskussion an. Wir reden über Verbraucheraufklärung, Konsumentenbildung und Naturpädagogik, die den Konsumenten auf den richtigen Weg führen sollen. Wer sich in Kreisen ‚der Bewussten‘ bewegt, kennt es: kaum eine abendliche Runde, in der es nicht um die inneren Überzeugungen und dem darauf basierenden individuellen Lebensstil geht.

Der negative Einfluss eines Individuums auf die Umwelt wird nur in sehr begrenztem Maße durch dessen Werte bestimmt.

Der Eine verzichtet ganz auf Fleisch und versucht gerade auf vegan umzusteigen. Die Andere legt mehr Wert auf Regionalität und Saisonalität während für den Dritten die Bio-Zertifizierung der Produkte das ausschlaggebende Kriterium ist. Diese Debatte übersieht einen zentralen Punkt: Der negative Einfluss eines Individuums auf die Umwelt wird nur in sehr begrenztem Maße durch dessen Werteüberzeugungen bestimmt.

Der Lebensstil macht nicht den großen Unterschied

Eine Studie in den USA hat den Gesamtenergiebedarf verschiedener Lebensstile untersucht. Untersuchungsobjekte waren dabei unter anderem 5-Jährige Kinder, Obdachlose und buddhistische Mönche. Das Ergebnis: Der Energiekonsum ist für alle Lebensstile sehr ähnlich. Trotz anzunehmender verschiedenartiger Wertestrukturen unterscheidet sich der ökologische Fußabdruck nicht. Selbst der buddhistische Mönch dem wir sicherlich die Überzeugung zusprechen würden, ein gegenüber anderen Arten und Menschen gerechtes Leben zu führen, hat einen ökologischen Fußabdruck der dieser Überzeugung aufs dringlichste widerspricht.

Erwärmungspotential ( c Massachusetts Inst. of Technol., Cambridge, MA )Die Grafik zeigt das Erwärmungspotential (blaue Punkte) im Vergleich zum Einkommen (roter Balken) der Studienteilnehmer vom Obdachlosen über den Mönch bis hin zum CEO. Unterschiede sind erkennbar aber erstaunlich gering. (copyright Massachusetts Inst. of Technol., Cambridge, MA )

 

Ein anderes Beispiel aus Deutschland: Untersucht man die Flugaktivitäten der Deutschen und differenziert dabei nach der Wahlentscheidung bei Bundestagswahlen, kommt man zu dem Ergebnis, dass es die Wähler und Wählerinnen der Grünen Partei sind, die am häufigsten per Flugzeug reisen. Auch hier ist die Diskrepanz zwischen inneren Überzeugungen und tatsächlicher Umweltauswirkung überwältigend.

Unsere Wirkung auf die Umwelt wird vielmehr durch die systemischen Strukturen geprägt.

Die beiden Beispiele zeigen Eines ganz deutlich: Unsere effektive Wirkung auf die Umwelt wird weniger durch unsere Werteüberzeugungen als vielmehr durch die systemischen Strukturen, in denen wir leben, geprägt. Der Mönch in den USA, die Wähler der Grünen in Deutschland, sie alle haben trotz anderweitiger Überzeugungen einen enormen negativen Einfluss auf die Umwelt, weil sie in einer globalisierten und industrialisierten marktwirtschaftlich organisierten Gesellschaft leben. Entscheidend sind nicht verlorene oder verwerfliche Wertüberzeugungen sondern die für ihr Leben konstitutiven Strukturen! Das ist die Kernthese des strukturellen Ansatzes für die Mensch-Umwelt-Beziehungen.

…weil wir in einer globalisierten und industrialisierten marktwirtschaftl. organisierten Gesellschaft leben.

Ich selbst studiere an der Kiel School of Sustainability, in diesem Studienumfeld erwartet man aufgeklärte und bewusste Konsumenten. Das ist sicherlich der Fall. Und trotzdem: Jede und Jeder hier hat einen ökologischen Fußabdruck, der so unfassbar weit weg ist von dem, was wir aus globaler Perspektive als gerecht ansehen könnten.Warum? Weil wir in einer Universität studieren, die nicht regenerativ beheizt wird. Weil wir in einer Mensa essen, die ihr Essensangebot nicht nach ökologischen Kriterien bestimmt. Weil wir in erschwinglichen Altbauwohnungen leben, die mit fossilen Brennstoffen beheizt werden und schlecht isoliert sind.

All das hat recht wenig mit unseren inneren Überzeugungen zu tun. Es sind in erster Linie die für unser Leben konstitutiven Strukturen, die das Ausmaß unseres Einflusses auf die Umwelt bestimmen. Das Essensangebot in der Uni sowie deren Beheizung können nur durch entsprechende Hochschulpolitik geändert werden. In energetisch gut sanierte Wohnungen können wir nur ziehen, wenn wir durch bildungspolitische Entscheidungen mehr BAföG bekommen oder die energetische Gebäudesanierung baupolitisch konsequent angegangen wird. Kurzum: Wir können für alle Bürger ein verpflichtendes Studium der Nachhaltigkeitswissenschaften einführen, doch solange wir nicht auch die maßgeblichen Strukturen ändern, wird es nicht zur Lösung des Problems führen.

 

Die Strukturen müssen ermöglicht werden

Wenn wir uns nur über persönliche Lebensstile unterhalten, erreichen wir den Kern des Problems nicht. Wir diskutieren nur die eine Seite der Medaille, die wie es scheint, nicht mal die ausschlaggebende ist. Anders gesagt: Wir sind davon überzeugt, im Einklang mit unserer Umwelt zu leben sei gut – wir wollen so leben, dass wir die Lebensbedingungen anderer Menschen und Arten nicht beeinträchtigen. Wenn wir aber dieser Überzeugung sind, müssen wir uns doch dafür einsetzen, dass ein solches Leben auch möglich ist.

Wir müssen sagen, was wir wollen!

Dann müssen wir für Strukturen kämpfen, die uns zu einem solchen Leben befähigen. Wenn wir wirklich nach unseren Überzeugungen leben wollen, dann müssen wir politisch sein! Politisch sein heißt für mich dabei im weitesten Sinne die eigenen Überzeugungen nach außen zu tragen um die für mein Leben wichtigen Strukturen nach meinen Wünschen mitzugestalten. Das kann in Aktivistengruppen, Interessenverbänden, NGOs, Ortschaftsräten, Parlamenten und Parteien geschehen, auf lokaler bis globaler Ebene. Wir müssen sagen, was wir wollen!

Eine Einordnung: Die Verbreitung von Werten, die einen respekt- und verantwortungsvollen mit unserer natürlichen Umgebung und somit auch mit anderen Menschen berücksichtigen, ist von zentraler Bedeutung. Zum einen, weil politische Entscheidungen auf die entsprechenden Überzeugungen in der Bevölkerung angewiesen sind. Die angesprochenen Systemänderungen wird es nicht geben, wenn sie nicht von einem größeren Teil der Menschen befürwortet werden.

Das Aufzeigen und Leben von attraktiveren Alternativen ist für einen ökologischen Umbau der Gesellschaft unerlässlich.

Deshalb ist es wichtig, dass wir alternative Lebensstile entwickeln und diese vorleben. Das Aufzeigen und Leben von attraktiveren Alternativen ist für einen ökologischen Umbau der Gesellschaft unerlässlich. Zum zweiten, weil die eigene Wertestruktur trotz allem maßgeblich für die individuelle Umweltauswirkung sein kann, nämlich dann, wenn sie konsequent in Handlungen übersetzt wird: Durch Verzicht auf Flugreisen und Auto, die Rückkehr zu einer fleischreduzierten, regionalen und saisonalen Ernährung und den Bezug von Ökostrom kann man den eigenen CO2-Fußabdruck auf 6t CO2-Äquivalenete pro Jahr senken (der deutsche Durchschnitt liegt bei 11 t).

2t CO2 pro Jahr statt 6.

Konsequent umgesetzte grüne Werte können also einen direkten Einfluss haben. Aber: Ein gutes Leben, das nicht auf Kosten anderer geht, müsste nicht mit 6 sondern mit 2t CO2 pro Jahr auskommen. Ein solches Leben ist nur unter veränderten Rahmenbedingungen möglich. Keine der von uns vorgelebten ‚attraktiveren Alternativen‘ schafft es auch nur annähernd an die 2t. Dafür brauchen wir andere Strukturen, dafür brauchen wir entsprechende politische Entscheidungen. Wer das gute Leben will, muss politisch sein!

 

Gastautor André (24) lebt in Kiel und setzt sich im Rahmen seines Masterstudiums mit den vielschichtigen Beziehungen zwischen Mensch und Umwelt auseinander.

Titelbild: CC0, unsplash Lotte Löhr

  1. Sicher in Teilen richtig, aber was mich stört ist u.a. diese Zahlenversessenheit in der ökologischen Forschung, als könnte man komplexe gesellschaftliche Umwälzungen monitoren wie die Finanzen eines Unternehmens. Was sagt denn der ökologische Fußabdruck aus? Geht es da in irgendeiner Weise um Kreisläufe oder ähnliches? Das ist doch ein rein quantitatives Modell, das ein paar Pi-Mal-Daumen-Abschätzungen erlaubt.
    Der Aufmacher ist meiner Meinung nach denkbar schlecht gewählt, denn wie Du am Ende doch schreibst, sind Werte doch wichtig. Gute-Ökos gegen Möchtegern-Ökos bringt uns nicht wirklich weiter. Wie du aber richtig analysierst geht es darum Lebensstile vorzuleben, die eine ökosozial gerechte Welt ermöglichen. Und wenn jemand in einer unsanierten Altbauwohnung wohnt und dabei statt wie im Schnitt 40 qm nutzt sondern nur 20, weil er/sie in einer WG wohnt, dann ist das auch evtl. eine Überzeugung auf der man aufbauen kann. Wir brauchen einen kulturellen UND strukturellen Wandel. Warum denn immer das eine gegen das andere ausspielen? Derjenige der “nur” Bio-Bananen kauft, ist sicher nicht der Öko-Pionier. Aber eben ein in Richtung Ökologie bewegter Teil der Gesellschaft. Vorher wurden konventionelle Bananen gekauft, das war noch schlechter (auch wieder abseits von Kennzahlen – Öko-Landbau ist einfach kreislauforientierter als konventioneller Landbau.) Ich wünsche mir mehr positive Mitmach-Aufforderungen und weniger Grabenkämpfe ;)

    1. Hi Nils, ich stimme Dir zu: eine Statistik kann immer erstmal viel behaupten. Die Quelle wurde vom Autor aber auch verlinkt und man kann sie sich ansehen. Ich persönlich würde jedenfalls argumentieren, dass zumindest die Arbeit des Investmentbankers doch größere Auswirkungen aufs Klima haben dürfte als die eines veget. Studenten. Aber da wird es eben auch schon wieder sehr sehr kompliziert. Daher denke ich: die Studie will nicht mehr aussagen als dass wir uns keine Illusionen machen sollten, inwieweit kleine Lifestyle-Änderungen unsere Klimabilanz beeinträchtigen können.

      Was die Überschrift bzw den Aufmacher angeht möchte ich darauf hinweisen, dass die nicht vom Autor stammen sondern von transform. Das ist bewußt verkürzt und zugespitzt.

      Es ist nicht unser Ziel, Gruppen gegeinenander auszuspielen. Vielmehr wollen wir genau das Gegenteil! Vielleicht muss der kulturelle Wandel jedoch nicht einem bestimmten Dogmatismus in Hinsicht auf Konsumentscheidungen entsprechen, sondern kann locker und pragmatisch danach suchen, wie wir cool leben können bei weniger Verbrauch.

    2. Moin Nils,

      Du hast vollkommen Recht. Wir brauchen beides: Strukturelle Veränderungen, die uns ein Leben im Einklang mit der Umwelt und somit auch den Lebensbedingungen anderer Menschen ermöglichen. Aber eben auch Menschen, die aufgrund ihrer Überzeugungen Alternativen vorleben und dementsprechende politische Entscheidungen mittragen. Der Artikel will diese beiden Dinge nicht gegeneinander ausspielen. Er will darauf aufmerksam machen, dass die Öko-Bewegung meiner Generation den einen Teil total außen vor lässt. Und zwar den strukturellen Teil, der nur durch politische Entscheidungen geformt werden kann. Und die Zahlen zeigen eben doch, dass dieser strukturelle Teil mehr als ausschlaggebend ist. Wenn wir also nur am Supermarktregal (oder bei der Wahl der Wohnungsgröße) politisch sind, ist das zu wenig. Wir müssen uns aktiv dafür einsetzen, dass Rahmenbedingungen entstehen, in denen wir unser Leitbild des gerechten Lebens umsetzen können.

  2. Ich kann die Verwendung des Begriffes “Lebensstil” in diesem Artikel in keiner Weise nachvollziehen.
    Als Lebensstil sollte man das tatsächliche Verhalten der Menschen bezeichnen, nicht ihre Affinität zu irgendwelchen Parteien oder Philosophien.
    Wer zum privaten Vergnügen Flugreisen macht, hat keinen ökologischen Lebensstil, so einfach ist das.
    Auch Wählern der Grünen pauschal eine ökologische Werteordnung zu unterstellen, geht an der gesellschaftlichen Realität weit vorbei.
    Ich habe 1990 im Alter von 16 Jahren beschlossen, aus ökologischen Grünen nicht zu fliegen und es bis heute keinen Tag vermisst. Um mich herum machen angebliche Klima-Aktivisten aber private Urlaubsreisen mit dem Flugzeug und halten das für normal (!) Mir sind keine Strukturen bekannt, die sie dazu zwingen und politisch abgeschafft werden könnten.
    Aus dem Widerspruch zwischen Reden und Handeln kann man nicht schlußfolgern, dass es auf den Lebensstil nicht ankäme. Man muss sich mit den Mechanismen der Verdrängung beschäftigen. Dazu gehört natürlich auch die Werbemaschinerie, die jedem einredet, er könne nachhaltig sein und trotzdem hemmungslos weiterkonsumieren. Produktwerbung, aber auch Parteien und Umweltverbände verkaufen doch unentwegt moderne Ablaßbriefe, weil sie niemanden als Kunde, Wähler oder Spender verprellen wollen.

  3. Zum Thema Wohnung scheint der Autor einen ökologischen Lebensstil mit der Isolierung von Wohnungen gleichzusetzen.
    Die erste Entscheidung ist aber, wie viel beheizte Wohnfläche pro Person brauche ich. Die Zunahme von Single-Haushalten schlägt da enorm zu Buche, auch überdimensionierte Eigenheime mit riesiger Wohnfläche.
    Dann kommt die Frage nach der Temperatur. Von einer Hebamme weiß ich, dass Neugeborene am besten zwischen 16 und 19 Grad Zimmertemperatur haben sollten. Wie Erwachsene auf die Idee kommen, mehr zu brauchen, bleibt ein Rätsel.
    Das waren die beiden Fragen, die wirklich den Lebensstil betreffen. Erst danach stellt sich die technische Frage nach genutztem Energieträger und Dämmung.
    Es ist aber kein Zufall, dass viele zuerst an Dämmung denken, denn im Unterschied zu den zwei grundlegenderen Fragen verdient daran ein ganzer Industriezweig, der auch Werbabteilungen und Lobbyisten finanziert. Die Wärmeschutzverordnung begrenzt den Verbrauch pro Quadratmeter. Pro Person ist er unbegrenzt, wenn man nur genug Geld hat. Spätestens hier hat es mit ökologischem Lebensstil eindeutig nichts mehr zu tun.

  4. Moin Nils,

    Du hast völlig Recht, dass wir beides brauchen! Wir brauchen strukturelle Veränderungen, die nur durch politische Entscheidungen erfolgen können. Und wir brauchen Menschen, die aufgrund ihrer Überzeugungen Alternativen vorleben und die entsprechnde Politik unterstützen und einfordern.
    Die Aussage des Artikels soll sein, das die Öko-Bewegung viel zu kurz greift, wenn sie nur über Überzeugungen und Lebensstile diskutiert aber nicht politisch (außer am Supermarktregal) ist. Dann vernachlässigt sie eben die strukturelle Seite. Und eben weil die zu beobachtenden Lebensstiländerungen sich kaum in reduzierten Umweltauswirkungen niederschlagen, ist diese politische Seite so wichtig. Der Artikel will niemand gegeneinander ausspielen. Er will darauf hinweisen, dass die Öko-Bewegung (zu der ich mich selbst zähle) einen wichtigen Teil außen vor lässt.

  5. Vielleicht hätte die Überschrift besser lauten sollen: “Es ist egal, solange Du die Bio-Banane nur isst”! Denn wer politisch ist, isst nicht nur die Bio-Banane, sondern spricht auch konkret notwendige Veränderungen an, zum Beispiel in der Mensa (“Warum sind Eure Bananen eigentlich nicht aus ökologischem Anbau?”).

    Die Kernaussage des Plädoyers finde ich richtig, allerdings finde ich die Herleitung nur eingeschränkt passend. Sicherlich gibt es viele Menschen, die “Bio” leben, dabei aber durch die beschriebenen Strukturen einen viel klimaschädlicheren Lebensstil haben als es eigentlich ihrer Überzeugung entspricht. Viele dieser Menschen sind sich dem aber bereits bewusst. Gerade auch aus dieser Szene sind ja politische Bewegungen, Verbände und Organisationen entstanden, die bestimmte Bereiche des Lebens verändern wollen (Landwirtschaft, Industrie, etc.).

    Das ganz große Problem besteht darin, unter den derzeitigen Strukturen überhaupt die im Plädoyer geforderten “veränderten Rahmenbedingungen” zu erreichen. Deshalb, so glaube ich, dringen die genannten Lösungen (“Verzicht auf Flugreisen und Auto, die Rückkehr zu einer fleischreduzierten, regionalen und saisonalen Ernährung und den Bezug von Ökostrom”) noch nicht zum Kern des Problems durch. Dafür müssen wir auch über soziale Ungleichheit und ungleiche Machtverhältnisse sprechen.

  6. Doch doch….weniger Konsens und mehr Konflikt würden der Sache der Nachhaltigkeit gut tun. :-)

    In gleicher Stossrichtung und noch etwas tiefergehend argumentiert findet sich die Aussage gegen unpolitische Wohlfühl-Ökologie z.B. hier:
    Wider die Privatisierung der Nachhaltigkeit
    Warum ökologisch korrekter Konsum die Umwelt nicht retten kann
    http://www.itas.kit.edu/pub/v/2010/grun10c.pdf

    Sehr empfehlenswert!

  7. Der Überschrift “Es ist egal, ob du die Bio-Banane isst” kann ich zustimmen. Ein wirklich gutes Leben, dass Harmonie mit der Welt sucht, erscheint mir aber mindestens ebenso erstrebenswert wie struktureller Veränderungen in unserer Gesellschaft. Beide bedingen einander.

    Die genannte IEEE-Veröffentlichung unter Führung des MIT-Professors Timothy Gutowski behauptet einerseits, dass nur 30% Minderung der Klimawirkung möglich seien, die mit einer Person mittleren bis gehobenen Einkommens in den USA verbundenen sind. Größere Veränderungen seien für die meisten Menschen inakzeptabel. Die untersuchten Einzelpersonen in diesem Gesellschaftssegment haben aber sehr wohl deutlich unterschiedlichere Lebensstile mit einer Klimagasemission zwischen 27 und 80 Tonnen CO2-Äquivalent pro Kopf und Jahr. Das führt mich zu dem Schluss, dass sehr wohl eine deutlich größere Absenkung der persönlichen Klimagasemission als 30% möglich ist, wenn sie denn gewollt wird. Ich erkläre mir die anders lautende Schlussfolgerung damit, dass die Autoren der Studie einer Hochtechnologie-Branche angehören, die den American Way of Life nicht verlassen wollen und damit eine stärkere Minderung der Klimagasemission nicht akzeptieren können. Meine Kritik des Artikels samt Interpretation der Daten im einzelnen:

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