St. Petersburg transformieren

Laut dem Philosoph Henri Lefebvre kann uns Kunst dabei helfen “den Fluß der Routinen des Alltags und die kapitalistischen Strukturen urbaner Räume zu bezwingen”. Dabei können verschiedene Formen der Kunst ganz unterschiedliche Bedeutungen haben und vielerlei Auswirkungen zeigen. ”Gemeinsam können wir unsere Stadt neu beleben”, sagt die 28-Jährige Anna. Sie ist Landschaftsarchitektin und Mitglied der Initiative “Arts4city” in St. Petersburg.

Anna, Landschaftsarchitektin & Mitglied der Initiative “Arts4city”, St. Petersburg. (Foto: Privat)

Vor allem die Aussicht auf bessere Lebensperspektiven zieht viele Menschen in Russland in die Stadt. Doch um als Lebensraum zu funktionieren, müssen Städte künftig mehr bieten als Arbeit, Wohnraum und Infrastruktur. Hier wohnen Menschen aus verschiedenen sozialen Schichten, Kulturen und Religionen nah beieinander und müssen miteinander klarkommen.

“Heutzutage reicht es den Bewohnern einer Stadt nicht mehr, wenn am Straßenrand ein paar Bäume stehen, zwischen den tristen Plattenbauten aus der Sowjetzeit ein bisschen Gras wächst und man ab und zu ein paar Holzbänke vorfindet”, erklärt die Landschaftsarchitektin und Designern. Ihrer Meinung nach müssen öffentliche urbane Lebensräume heute den Bedürfnissen aller Bewohner*innen einer Stadt entsprechen, egal ob jung oder alt. Die Gestaltung der Stadt soll selbst in die Hand genommen werden. Anders gesagt: Die Zeit für eine nachhaltige und partizipative Stadtentwicklung durch Kunst und Kultur ist gekommen.

Der urbane Lebensraum soll transformiert werden

Genau da knüpft die Initiative “Arts4city” an, ein Team aus jungen Architekten, Stadtplanern, Wissenschaftlern, Künstlern und anderen motivierten Bürgern, die gemeinsam ihre Stadt verbessern wollen. Das Ziel: Kreative Ideen für urbane Lebensräume zu finden. “Wir wollen Europas Metropolen verschönern und die Lebensqualität steigern”, sagt Anna. Deswegen sei der kreative Austausch über nationale Grenzen hinweg enorm wichtig.

Die Gruppe setzt dabei auf Werte und Prinzipien einer “do-it-yourself urbanen Kultur”. “Wir glauben, dass wir die Menschen stärker in den Mittelpunkt von Stadtplanung rücken müssen, und das geht nur über die Beteiligung der Bürger”, erklärt Anna. Mit Hilfe von Spielen, Aktionen und Workshops soll langfristig der urbane Lebensraum transformiert werden.

Wie kann ich meine Stadt verbessern?

St. Petersburg ist ein Labor, wo es zunehmend Beispiele gibt, wie sich der eigene Lebensraum selbst gestalten lässt. Das Engagement von arts4city bringt mehr Farbe in das Leben der Stadtbewohner, neue Häuserfassaden, Kunstinstallationen, Spiel, Tanz und öffentliche Workshops, bei denen zum Beispiel über Nachhaltigkeit diskutiert wird.

“Vor allem Junge Leute sollten darüber nachdenken, was in ihrer Stadt passiert und in was für einer Stadt und Umgebung sie später einmal leben wollen”, sagt Anna. Eine wichtige Frage, die sich jeder Einzelne stellen sollte: Was kann ich dazu beitragen, um das Leben in meiner Stadt zu verbessern? Nur so kann sich die Vision auch erfüllen”, davon ist Anna überzeugt. “Ich liebe St. Petersburg, deswegen interessiere ich mich für Alles, was dazu beitragen kann, die Stadt lebenswerter zu machen”, sagt die junge St. Petersburgerin.

 

Andreas Rossbach berichtet aus Osteuropa über Politik, Wirtschaft und Soziales. Er glaubt, dass wir mehr konstruktiven Journalismus brauchen, schreibt gerne Reportagen und Longreads und experimentiert mit neuen Erzählformaten.

Beitragsbild und Artikelbild: Privat

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